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Nutzung kommunaler Wege und Flächen für Leitungsverlegung

Das Landgericht Kiel entscheidet, dass Gemeinden die Verlegung von Leitungen unter kommunalen Wegen und Grundstücken für Anlagen dulden müssen.

Ich werde oft danach gefragt, ob Gemeinden die Verlegung von Leitungen unter kommunalen Wegen und Grundstücken für Anlagen dulden müssen, die Strom aus erneuerbaren Energien herstellen.

 

Der BGH hat in einem Grundsatzurteil bereits im Jahre 2008 entschieden: „Die Weigerung einer Gemeinde, es einem Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energien zu gestatten, eine Leitung, mit der der erzeugte Strom in das allgemeine Versorgungsnetz eingespeist werden soll, in den öffentlichen Verkehrswegen einer Gemeinde zu verlegen, kann ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach § 19 GWB oder eine unbillige Behinderung oder Diskriminierung nach § 20 Abs. 1 GWB darstellen" (BGH, Urteil vom 11. November 2008, KZR 43/07). Gemeinden hätten als Eigentümer der öffentlichen Wege grundsätzlich eine marktbeherrschende Stellung im Sinne des § 19 GWB, „weil für die Verlegung von Versorgungsleitungen im Hinblick auf die ansonsten damit verbundenen Nutzungseinschränkungen in erster Linie öffentliche Wege und Grundstücke in Betracht kommen" (Scheidler, „Leitungsführungsrechte für erneuerbare Energien im öffentlichen Straßengrund - Duldungspflicht der Gemeinde", juris Literaturnachweis zu Scheidler, LKRZ 2014, 319; Maslaton, Windenergieanlagen, Rechtshandbuch, 2. Auflage, Seite 250). 

 

Dem hat sich später in einem von mir eingeleiteten Verfahren auch das Landgericht Kiel angeschlossen. Ein entsprechender Anspruch nach bürgerlichem Recht bestünde schon nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 Straßen- und Wegegesetz des Landes Schleswig-Holstein, es käme auch nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Leitung der unmittelbaren Versorgung dient, es genügt, dass sie mittelbar der „öffentlichen Versorgung" im Sinne des § 28 Abs. 1 Nr. 2 Straßen- und Wegegesetz dient, ein Begriff, der weit auszulegen sei (LG Kiel, Urteil vom 26. Oktober 2012, 14 O 10/12.Kart, juris, ZNER 2012, Seite 642). Wörtlich heißt es in dieser Entscheidung: „Entgegen der Ansicht der Beklagten ist sie hier als marktbeherrschendes Unternehmen im Sinne der §§ 19, 20 Abs. 1 GWB anzusehen. Denn auch bei Berücksichtigung etwaiger alternativer Verlegungsmöglichkeiten über private Grundstücke beherrscht die Beklagte schon durch den Umfang der in ihrem Eigentum stehenden öffentlichen Wege jenen Markt, auf dem die Duldung der Verlegung von Stromkabeln eine nachgefragte Leistung darstellt. In der Verweigerung der Genehmigung zur Verlegung des Erdkabels liegt die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung und zugleich eine unbillige Behinderung der Kläger in ihrer Tätigkeit auf dem Markt der Energieerzeugung. (…) So steht der Genehmigung nicht entgegen, dass für die Verlegung des Erdkabels gegebenenfalls ein Aufgraben des Gehweges erforderlich ist. Die damit verbundene kurzzeitige Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs hat die Beklagte vielmehr angesichts der Ziele des EEG, im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterbildung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern, hinzunehmen." Auch das Landgericht Kiel meint, für die Verlegung von Leitungen kämen „in erster Linie öffentliche Wege in Betracht". Anzumerken ist zu diesem Urteil des Landgerichtes Kiel, dass die beklagte Nordseegemeinde zugleich auch verurteilt wurde, den von mir vertretenen Mandanten den entstandenen Verzögerungsschaden zu zahlen. Über dessen Höhe schloss sich ein anschließender Rechtsstreit an, der zur Erstattung eines hohen Betrages führte.

 

 

Jens-Ulrich Kannieß, RA

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