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Bauen im Außenbereich – wer darf was?

Die idyllische Reetdachkate in ländlicher Alleinlage – das Herz so manchen gestressten Städters schlägt höher bei dem Gedanken, sich hier mit oder ohne Großfamilie inmitten von Hortensien, Hund und Bauernrosen der „Landlust“ hinzugeben.

Das malerische „Haus am See“ hatte schon Sänger Peter Fox besungen. Wird dann aber der Bauantrag für den Umbau oder die Erweiterung des erworbenen Objekts der Begierde abgegeben, folgt oft und prompt in Form einer Ablehnung die Ernüchterung: für bauliche Anlagen außerhalb von förmlich festgesetzten Baugebieten oder organisch gewachsenen Siedlungsstrukturen soll grundsätzlich die „baupolizeiliche Genehmigung“ versagt werden, hieß es bereits in der 1936 erlassenen Bauregelungsverordnung. Daran hat sich im Grundsatz bis heute nichts geändert. Die Frage „wer darf was im Außenbereich bauen?“ gehört zum Klassikerrepertoire des Fachanwaltes für Verwaltungsrecht und ist zudem ein Nährbecken für Missverständnisse des öffentlichen Baurechts.

Das fängt schon mit der Überlegung an, wo eigentlich die Grenze vom unbeplanten Innenbereich, der baulich nachverdichtet werden soll, und zum Außenbereich, der grundsätzlich von jeder Wohnbebauung freizuhalten ist, zu ziehen ist. „Freie Natur“, „Stadtferne“ oder gar „Einsamkeit“  mögen für den Laien zwar auf der Hand liegen, wenn er den Außenbereich sucht. Der Experte hingegen nimmt die Abgrenzung negativ vor: Außenbereich ist alles, was außerhalb des Geltungsbereiches eines förmlichen, von der Gemeinde erlassenen Bebauungsplanes und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile liegt. So kann beispielsweise eine stadtparkähnliche Brachfläche mitten in der Großstadt ebenso schon Außenbereich sein wie die uralte, in ihrem Bestand geschützte Häusergruppe unter dem Deich. Auf den Einzelfall kommt es an. Dementsprechend groß ist die Anzahl der gerichtlichen Entscheidungen. Dazu gehören auch Fehlurteile.

Vom grundsätzlichen Bauverbot im Außenbereich ausgenommen sind sogenannte privilegierte Vorhaben. Dies ist in § 35 BauGB geregelt, der mit zahlreichen Generalklauseln gespickten zentralen Vorschrift für das gesamte Bauen im Außenbereich. Dass der Land- oder Forstwirt seinem Geschäft nur im Außenbereich nachgehen kann, mag so mancher zwar noch verstehen. Aber auch Gartenbaubetriebe, der öffentlichen Versorgung dienende Vorhaben oder auch ortsgebundene Betriebe mit Nebeneinrichtungen, die wie Kiesgruben auf konkrete Standorte angewiesen sind, sind privilegiert, seit 1996 auch Windenergieanlagen, Biomasseanlagen, Photovoltaikanlagen und (noch) Kernkraftwerke. Skurrile, aber genehmigungsfähige Bauvorhaben sind mitunter die ebenfalls privilegierten Anlagen, die nur wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung im Außenbereich ausgeführt werden können, wie Freilichttheater, Sternwarten, Sprengstofffabriken oder Schießplätze.

Wer privilegiert ist, hat damit noch keinen Freifahrtschein. So muss beispielsweise der Landwirt nachweisen, dass sein Vorhaben seinem landwirtschaftlichen Betrieb „dient“, also auch ein „vernünftiger Landwirt“ unter Beachtung des Grundsatzes der größtmöglichen Schonung des Außenbereiches ein solches Vorhaben umsetzen würde, was regelmäßig durch Gutachten der Landwirtschaftskammer nachgewiesen werden muss. Auch müssen sich Windenergieanlagen grundsätzlich den Planvorbehalt entgegenhalten lassen. Sie können dort nicht im Außenbereich errichtet werden, wo durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder im Regionalplan eine Ausweisung derartiger Anlagen an anderer Stelle, nämlich den sogenannten Konzentrationszonen erfolgt ist. Das soll den Wildwuchs verhindern.

Dies gilt noch wesentlich strenger für „sonstige“ Vorhaben im Außenbereich, die nicht privilegiert sind, aber im Einzelfall zugelassen werden können, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Ein solcher öffentlicher Belang ist bereits dann beeinträchtigt, wenn das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans der jeweiligen Gemeinde widerspricht oder schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder diesen durch einen nahegelegenen landwirtschaftlichen Betrieb ausgesetzt sein könnte.

Neben den „privilegierten“ und „sonstigen“ Vorhaben im Außenbereich gibt es noch sogenannte „begünstigte“ Vorhaben, die unter engen Voraussetzungen ebenfalls erlaubt sein können. Hierbei handelt es sich um die erleichterte Zulassung von Nutzungsänderungen, Ersatzbauten und Erweiterungen bereits vorhandener Gebäude, die eigentumsrechtlichen Bestandsschutz genießen. Gibt beispielsweise der Landwirt seinen Betrieb auf, weil er die Rente genießen möchte und keinen Hofnachfolger gefunden hat, so muss er sein Wohngebäude deswegen nicht abreißen, sofern die Bausubstanz erhaltenswert ist, die äußere Gestalt des Gebäudes im wesentlichen gewahrt bleibt, es sich auch nicht um einen Schwarzbau handelt und die Aufgabe der bisherigen Nutzung nicht länger als sieben Jahre zurück liegt. Unter bestimmten Bedingungen sind auch Erweiterungsbauten von zulässigerweise errichteten Gebäuden möglich, wenn sie „angemessen“ sind, was wiederum stets eine Frage des Einzelfalles ist.

Daneben gibt es noch etliche, weitere Dinge im Genehmigungsverfahren zu beachten. So müssen Bauherren, sofern sie keine Landwirte sind, eine Rückbauverpflichtung in der Regel durch eine Bankbürgschaft eingehend für den Fall, dass ihr Bauvorhaben zwar errichtet, dann aber wieder aufgegeben wird. Dies soll Bauruinen im Außenbereich verhindern und gilt unter anderem auch für Windenergieanlagen.

Wer diese Grundzüge des öffentlichen Baurechts verstanden hat, wird es einsehen, wenn an dem idyllischen Wunschstandort in der Emil-Nolde-Landschaft keine Reetdachkate mit Ponystall und auch kein Hobby-Biotop-Fischteich neu errichtet werden darf, wohl aber unter Umständen eine Windenergieanlage, ein Autokino, eine Tankstelle oder gar eine Ski-Sprungschanze, wie Beispiele aus der Rechtsprechung zeigen.

Wer meint, die Umsetzung seines Wunschbauvorhabens habe Chancen, sollte sich frühzeitig fachkundigen Rat holen. In Dithmarschen verfügen die Städte Brunsbüttel und Heide über ein eigenes Bauamt, für alle anderen Gemeinden ist die untere Bauaufsichtsbehörde des Kreises Dithmarschen zuständig. In den Sprechzeiten können Bauvorhaben vorbesprochen werden. Landesweit gesehen lassen sich aber durchaus Unterschiede in der Genehmigungspraxis feststellen. Einige Bauämter sind wesentlich strenger als andere. Wer auf „Augenhöhe“ das Behördengespräch sucht, kann sich – auch in bereits laufenden Genehmigungsverfahren – anwaltlicher Hilfe bedienen, spezialisiert sind insbesondere Fachanwälte für Verwaltungsrecht. Diese helfen nötigenfalls auch, Genehmigungen gerichtlich durchzusetzen. Zu beachten ist hierbei aber, dass der Gesetzgeber den Behörden ein enges Korsett geschnürt hat. Denn grundsätzlich ist das Bauen im Außenbereich nicht erwünscht.

Jens-Ulrich Kannieß, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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